Leben nach der Shoah – Interviews mit Miriam Magall und Salomea Genin

Schüler der PG "Kriegsgräber“ hatten am 19. Februar 2016 die Möglichkeit, zwei Überlebende der Shoah in Berlin zu interviewen. Diese Interviews sind nur ein Teil eines neuen Projektes der Schüler, das bis mindestens 2017 fortgeführt wird.

Miriam Magall, 1942 geboren, wuchs versteckt in der Nähe von Goslar auf, die ersten drei Lebensjahre verbrachte sie in einem Keller. Ihre Mutter starb kurz nach ihrer Geburt, ihr Vater, ein Arzt, wurde von den Nazis ermordet, als sie drei Jahre alt war. Aufgewachsen ist die Schriftstellerin bei dem früheren Dienstmädchen ihrer Eltern, das sie zu sich nahm. Zu ihr hatte Miriam Magall bis zu deren Tod ein schlechtes Verhältnis. Erst als Magall 18 Jahre alt war, verriet ihr das ehemalige Dienstmädchen, dass Miriam nicht ihr leibliches Kind ist. Für Magall Schock und Erleichterung zugleich. Sie beschäftigte sich fortan mit dem Judentum, das sie nach und nach für sich entdeckte – auch, um dadurch ihren verstorbenen Eltern nahe zu sein. Heute bezeichnet sich Magall als modern-orthodox: „Das Judentum und die jüdische Gemeinschaft sind für mich die Quelle von Halt und Sinn.“ Sie studierte Übersetzen und Dolmetschen und belegte einen Dolmetscherlehrgang Hebräisch in Tel Aviv. Es folgte eine rasante Karriere als Konferenzdolmetscherin in Israel und bei der Europäischen Union. Heute lebt Miriam Magall in Berlin und arbeitet an weiteren Büchern, die sie herausbringen möchte.

Salomea Genin wurde 1932 als Kind armer polnisch-russischer Juden in Berlin geboren. Im Mai 1939 flüchtete sie mit ihrer Familie vor den Nationalsozialisten nach Australien. Hier wurde sie nie richtig heimisch. 1949 trat sie der Kommunisten Partei bei, als diese gerade verboten werden sollte. 1951 war sie Mitglied der australischen Delegation zu den 3. Weltjugendfestspielen in Ostberlin und von der DDR begeistert und überzeugt. 1954 kehrte sie nach Berlin zurück, um in der DDR zu leben und politisch aktiv zu sein! Die DDR ließ sie aber nicht hinein. Salomea Genin lebte zunächst in Westberlin - zeitweise auch in England -, bevor sie 1963 endlich nach Ostberlin übersiedeln durfte. Hier wurde sie auch Mitglied der SED. Bis 1982 brauchte sie, um zu erkennen, dass sie mitgeholfen hatte, einen Polizeistaat zu schaffen! Erst im Mai 1989 fand sie den Mut, aus der SED auszutreten. Sie wurde Mitglied des Neuen Forum.
Salomea Genin verarbeitet u. a. ihr Schicksal, indem sie Bücher über ihre Familie schreibt und öffentlich daraus liest. 2009 erschien ihr zweites Buch "Ich folgte den falschen Göttern - eine australische Jüdin in der DDR".

Wir danken der DB, vor allem Herrn Dr. Trettin, für die Unterstützung unserer Projektarbeit! Außerdem gilt unser Dank dem Centrum Judaicum in Berlin.