Workcamp 2011 in Rumänien

Rumänien. Was wussten wir über dieses Land? Da fielen uns einige Fakten aus dem Geografie- und Geschichtsunterricht ein: Schwarzes Meer, Karpaten, Dracula, Siebenbürgen, Armut, Roma und noch einige Vorurteile mehr…
Dennoch entschlossen sich neun Jugendliche der Europaschule Rövershagen und zehn polnische Schüler aus Stettin gemeinsam mit ihren Betreuern (Lehrer) auf eine lange Reise (15 Tage) nach Rumänien aufzubrechen. Gemeinsam mit zwölf rumänischen Jungen und Mädchen wollten sie ein Workcamp des Volksbundes in Radauti mit Leben erfüllen. Nach einer dreitägigen Anreise durch Tschechien, der Slowakei und Ungarn ging es über Hermannstadt (Sibiu) durch Transilvanien, Siebenbürgen und die Walachei bis nach Radautz (Radauti) in die Bukowina. Dort wurden wir von den rumänischen Schülern schon sehnsüchtig erwartet.

Alle Jugendlichen und ihre Betreuer wohnten im Internat einer Schule des Ortes. In dieser Schule können die rumänischen Schüler das Abitur ablegen oder auch in verschiedenen Berufen ausgebildet werden (z. B. Landwirt, Bäcker, Molkereifachmann). Zwei rumänische Teilnehmer des Workcamps (Valentin und Florin) beispielsweise erlernen den Beruf eines Kellners und bedienten uns im wahrsten Sinne des Wortes zu allen Mahlzeiten. Schon innerhalb der ersten Tage fanden sich die Jugendlichen aller drei Nationen zusammen und waren unzertrennlich. Die Hauptaufgabe des Workcamps lag darin, den deutschen Soldatenfriedhof aus dem Ersten Weltkrieg wieder herzurichten, sowie den rumänischen und sowjetischen Soldatenfriedhof aus dem Zweiten Weltkrieg zu pflegen. Während unseres gesamten Aufenthaltes in Rumänien haben wir nur Herzlichkeit und Gastfreundlichkeit erfahren, obwohl es dort viel Armut gibt. So verdient beispielsweise ein Lehrer um die 200,00 € im Monat, ein Friedhofsarbeiter gar nur 120,00 €. Viele Familien auf dem Lande haben kein fließendes Wasser und leben nur von den Einnahmen des Verkaufs ihrer landwirtschaftlichen Erzeugnisse.
Während der ersten Woche des Workcamps wurde uns unsere Unbeschwertheit und Fröhlichkeit auf einen Schlag genommen. Noch während des Mittags hörten wir die Feuerwehr durch den Ort rasen. Wenig später erfuhren wir, dass Florins Elternhaus in Putna (ca. 20 km von Radauti entfernt) abgebrannt war. Florin war vor einem viertel Jahr am Herzen operiert worden, nimmt täglich Medikamente und die ausbildende Lehrerin versuchte ihm schonend dieses Unglück beizubringen. Wir wussten aber bereits, dass sein vierjähriger Bruder bei diesem Brand ums Leben gekommen war. Der kleine Junge hatte mit Feuer gespielt und es dann nicht mehr geschafft, aus dem brennenden Holzhaus zu entkommen. Das gesamte Haus, die Sommerküche und alle Stallungen mit dem Vieh, somit die Existenzgrundlage der Familie, sind vernichtet worden. Eine entsprechende Versicherung hat kaum eine Familie, wovon soll diese auch bezahlt werden. Florin servierte uns auch an diesem Tag wie immer das Abendbrot, wir konnten kaum essen … Als er dann vom Tod seines Bruders erfuhr, versuchten alle, ihn unter Tränen zu trösten, es war einfach nur schlimm…
Florin besuchte an diesem Abend seine Familie, war aber dann einige Stunden später wieder bei uns, die ganze Zeit, bis zum Ende des Workcamps. Er wird den Sommer im Internat bleiben, solange, bis das Haus wieder aufgebaut ist. Er kann momentan nicht in seinem Heimatort untergebracht werden, denn die Familie hat noch drei weitere Kinder. Das Kloster seines Heimatortes Putna besitzt Wälder und die Mönche spenden das Holz für einen Neubau des Hauses. Die polnischen und deutschen Jugendlichen und Betreuer spendeten spontan 300,00 € und gaben alle "Hilfsgüter" die die deutschen Teilnehmer zuvor in ihren Heimatorten für Rumänien gesammelt hatten an Florins Familie weiter (Bettwäsche, Handtücher, Bekleidung, Schuhe, Zahnpasta, Schokolade).
Während des Workcamps wurde aber nicht nur gearbeitet. Bei zahlreichen Ausflügen lernten wir Rumänien von vielen Seiten kennen: wir besichtigten zahlreiche Klöster, fuhren durch die wunderschöne Landschaft der Karpaten und sahen das Leben, die Kultur und Geschichte der Menschen vor Ort.
Beim Abschied gab es viele Tränen und wir wurden gebeten, wieder zu kommen! Ein schöneres Fazit dieses Workcamps gibt es wohl kaum!